Narbenbrüche
Ein Narbenbruch, medizinisch als *Narbenhernie* bezeichnet, ist eine spezifische Form der Hernie, die sich an der Stelle einer früheren Operation entwickelt. Der Begriff „Narbenhernie“ beschreibt das Auftreten einer Schwachstelle oder Lücke in der Bauchdecke, die nach einem chirurgischen Eingriff entstanden ist. Diese Schwachstelle ermöglicht das Austreten von Bauchinhalt, wie z.B. Fettgewebe oder sogar Darmanteilen, durch die Öffnung der Bauchmuskulatur. Das Risiko einer Narbenhernie hängt von mehreren Faktoren ab, darunter die Größe und Art der ursprünglichen Operation, der Heilungsprozess sowie der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten.
Entstehung eines Narbenbruchs
Nach einer Bauchoperation benötigt das Gewebe der Bauchdecke Zeit zur Heilung, wobei Narbengewebe entsteht, das die geschädigten Bereiche reparieren soll. Narbengewebe ist jedoch im Allgemeinen weniger belastbar und elastisch als das ursprüngliche Muskel- oder Bindegewebe, weshalb die Bauchdecke an dieser Stelle anfälliger für Brüche wird. Häufige Ursachen für die Entstehung einer Narbenhernie sind:
1.Infektionen nach der Operation: Infektionen verlangsamen die Heilung und schwächen das Narbengewebe.
2. Übermäßiger Druck auf die Bauchdecke: Durch Tätigkeiten, die einen hohen intraabdominalen Druck erzeugen, wie Husten, Niesen, schweres Heben oder Pressen, kann das Narbengewebe geschwächt werden.
3. Störungen in der Wundheilung: Diese können aufgrund von Krankheiten wie Diabetes oder aufgrund von Medikamenten auftreten, die das Immunsystem beeinträchtigen.
4. Übergewicht: Übergewicht kann zusätzlichen Druck auf die Bauchdecke ausüben und das Risiko eines Narbenbruchs erhöhen.
5. Andere Erkrankungen: Bestimmte Erkrankungen wie chronische Lungenerkrankungen oder chronische Verstopfung erhöhen ebenfalls das Risiko einer Narbenhernie durch wiederkehrenden Druck auf die Bauchdecke.
Notwendigkeit der operativen Behandlung
In den meisten Fällen ist eine operative Behandlung erforderlich, da sich Narbenbrüche selten von selbst schließen und unbehandelt potenziell gefährliche Komplikationen verursachen können. Ein unbehandelter Narbenbruch kann beispielsweise zu einer Einklemmung (Inkarzeration) führen, bei der das durch die Bruchlücke hervorquellende Gewebe abgeklemmt wird. Dies kann die Blutzufuhr zu den betroffenen Organen, insbesondere dem Darm, unterbrechen und eine Darmischämie oder Darmgangrän zur Folge haben, was lebensbedrohlich sein kann. Daher wird eine chirurgische Behandlung oft dringend empfohlen, um solche Risiken zu vermeiden und die Funktionalität der Bauchdecke wiederherzustellen.
Komplexe Bauchwandrekonstruktion
Die chirurgische Behandlung einer Narbenhernie erfolgt in der Regel durch eine komplexe Bauchwandrekonstruktion, die verschiedene Techniken zur Stabilisierung und Verstärkung der Bauchdecke umfasst. Die Wahl der Technik hängt von der Größe des Bruchs, der Lage und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab. Ziel ist es, die Bauchwand so zu stabilisieren, dass die normale Funktion wiederhergestellt und zukünftigen Hernien vorgebeugt wird. Im Folgenden sind einige der gebräuchlichen Techniken erläutert:
TAR (Transversus Abdominis Release)
Die Transversus Abdominis Release-Technik ist eine moderne Methode zur Bauchwandrekonstruktion, bei der der M. transversus abdominis, der tiefste Bauchmuskel, durchtrennt wird, um mehr Platz für die Wiederherstellung der Bauchwand zu schaffen. Durch diesen Zugang kann die Bauchwand optimal verstärkt und eine große Spannung vermieden werden, was die Heilungschancen verbessert und Schmerzen reduziert. Ein wesentlicher Vorteil der TAR-Technik ist, dass sie eine sichere Rekonstruktion der mittleren Linie der Bauchwand ermöglicht und eine breite Stabilität bietet. Zudem kann durch die Erweiterung des Abdomens die Wiederherstellung des Bauchinnendrucks optimiert werden.
Onlay- und Sublay-Technik
In der Onlay-Technik wird das Netz (eine Art Gewebeersatzmaterial) über den Muskeln platziert, um den Bruch zu schließen. Diese Methode ist vergleichsweise einfach durchzuführen, wird jedoch aufgrund des höheren Risikos von Infektionen und Serom (Ansammlung von Flüssigkeit) seltener verwendet.
Die Sublay-Technik hingegen ist weit verbreitet und gilt als eine der besten Methoden zur Behandlung von Narbenhernien. Bei dieser Technik wird das Netz zwischen den Muskel- und Bindegewebsschichten der Bauchwand platziert, was eine bessere Integration und weniger Komplikationen ermöglicht. Das Netz liegt unterhalb des Muskels und sorgt so für eine stabilere Bauchwand und geringeres Risiko für Infektionen und Komplikationen.
IPOM (Intraperitoneales Onlay-Mesh)
Die IPOM-Technik wird oft bei minimal-invasiven (laparoskopischen) Eingriffen verwendet. Dabei wird das Netz von innen in die Bauchhöhle eingesetzt und direkt auf die Bruchlücke gelegt. Diese Technik hat den Vorteil, dass sie weniger invasiv ist und oft schneller verheilt. Allerdings kann es bei dieser Methode in einigen Fällen zu Verwachsungen kommen, weshalb sorgfältige Überlegungen und ein gründlicher Ausschluss von Risiken erforderlich sind.
Rives-Stoppa-Technik
Die Rives-Stoppa-Technik ist eine weitere bewährte Methode zur Bauchwandrekonstruktion, bei der das Netz ebenfalls in einer tiefen Schicht der Bauchwand, jedoch extra-peritoneal (außerhalb des Bauchfells), platziert wird. Diese Methode ist insbesondere für große Hernien geeignet und minimiert das Risiko von Komplikationen durch ein Netz innerhalb des Bauchraums. Sie ermöglicht eine effektive Spannungskontrolle und fördert die Stabilität der Bauchdecke langfristig.
Vorteile der operativen Rekonstruktion bei Narbenhernien
Die operative Rekonstruktion der Bauchdecke bringt mehrere Vorteile mit sich:
– Reduktion der Schmerzen: Durch die Wiederherstellung der Bauchdecke wird die Spannung verringert und Schmerzen können gelindert werden.
– Verbesserte Funktionalität: Die Bauchwandrekonstruktion stellt die Funktion der Bauchmuskeln wieder her, was die Stabilität und Beweglichkeit verbessert.
– Ästhetische Ergebnisse: Eine Rekonstruktion kann das Erscheinungsbild der Bauchdecke verbessern und die Sichtbarkeit der Bruchbeule verringern.
– Verminderte Rezidivrate: Durch den Einsatz moderner Techniken und Materialien kann das Risiko eines erneuten Auftretens des Bruchs gesenkt werden.
Zusammenfassung
Narbenhernien sind eine häufige Komplikation nach Bauchoperationen, die durch eine Schwachstelle im Narbengewebe entstehen. Eine chirurgische Behandlung ist oft notwendig, um Komplikationen zu vermeiden und die Funktion der Bauchdecke wiederherzustellen. Verschiedene Techniken der Bauchwandrekonstruktion, wie die TAR-Methode, Sublay-Technik und IPOM, bieten verschiedene Vorteile je nach individueller Situation des Patienten. Die Wahl der Technik richtet sich nach der Größe, Lage und Beschaffenheit der Hernie sowie nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten.
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